Das zweite Parlament der Menschen
Vom 3. bis 5. Oktober fand das zweite Parlament der Menschen in Berlin statt.
Worum ging es?
Motto: Wie viele Klimaräte brauchen wir noch?
Fragestellung: Von Hitzetod bis Systemkrise: Warum versagt die Politik beim Klimaschutz? Und was können wir tun?
Ziel: Gemeinsam finden wir Wege zu einer neuen Handlungs- und Wirkmacht.
Beschlüsse & Abstimmungsergebnisse
Das zweite Parlament der Menschen hat mit über 50 Teilnehmenden in zwei sechsstündigen Online-Sitzungen und drei Präsenz-Arbeitstagen über politische Dysfunktionalität, Korruption und Klimaverbrechen geredet.
Dabei ist ein “Systemabsturzbericht” entstanden. Außerdem sechs Beschlüsse. Die Beschlüsse weisen die Richtung für alle, die das Parlament der Menschen anerkennen.
Zusammenfassung: Von den 45 Menschen, die Beschlüsse fassten, konnte jede*r ja oder nein/enthalten wählen. Folgendes sind die absoluten und Prozent-Zahlen der Zustimmung:
Beschluss 1) (35) 77,7% verbindliche Strukturen für Bürger*innen-Beteiligung
Beschluss 2) (31) 68,9% Bildung zum Thema verantwortlicher Umgang
Beschluss 3) (27) 60% Gemeinwohl-Gespräche
Beschluss 4) (29) 64,4% Gesellschaftsrat zu einer sozial gerechten CO2-Abgabe
Beschluss 5) (41) 91,1% Wirksame Gesellschaftsräte
Beschluss 6) (30) 66,7% Generalstreik gegen schädliche Arbeit (“Schadarbeit”)
Originalform der Beschlüsse
Alle Beschlüsse in Originalform – abgetippt und als PDF-Datei downloaden
Langform der Beschlüsse
Transparenzhinweis: Die folgende redaktionell bearbeitete Langform hat keinen Abstimmungsprozess mit den Teilnehmenden durchlaufen.
Beschluss 1: verbindliche Strukturen für Bürger*innenbeteiligung
Angenommen mit 77,7% der Stimmen
Es werden neue, unabhängige Strukturen der Bürger*innenbeteiligung geschaffen. Bürger*innenbeteiligung ist als verpflichtendes Element gesetzlich zu verankern und mit Budget auszustatten. Sie soll – neben dem Bundestag und dem Bundesrat – als dritte demokratische Kammer dauerhaft der legislativen Gewalt angehören.
Bundestag (BT) und Bürgerinnenbeteiligung (BB) stehen dabei im Austausch: Die Beschlüsse der BB werden dem BT zur verpflichtenden Abstimmung und Stellungnahme vorgelegt. Das neue Organ ist befugt, parlamentarische Gesetzesvorhaben aufzuschieben, um Bürgerinnenbeteiligung zu ermöglichen. Auch vor besonders relevanten oder kontroversen Entscheidungen im BT soll Bürger*innenbeteiligung eingefordert werden. Zusätzlich kann die BB dem BT Gesetzesvorschläge unterbreiten.
Um die Qualität der BB zu gewährleisten, können die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hinzugezogen werden. Das neue Organ fungiert auch als Anlaufstelle für (bestehende) Bürger*inneninitiativen, die sich in politische Entscheidungen einbringen möchten.
Ziel ist es, der Zivilbevölkerung in Zukunft mehr Mitbestimmungsrechte zu geben, Politikverdrossenheit auszuhebeln und den Austausch zwischen Bürger*innen zu stärken.
Zweiter Beschluss: Wandel des gesellschaftlichen Wertesystems (Bildung zum Thema verantwortlicher Umgang)
Angenommen mit 68,9% der Stimmen
Wir brauchen einen Wandel des gesellschaftlichen Wertesystems: Alle Menschen sollen von Grund auf lernen, mit unseren Lebensgrundlagen (Stichwörter: Natur, Klima, Rohstoffe), aber auch mit anderen Menschen verantwortlich umzugehen. Um dies zu erreichen, sollen Erziehungsberechtigte und Pädagog*innen (Kitas, Schulen) bereits im Kindesalter damit beginnen, ein entsprechendes Wertebewusstsein zu fördern. An Schulen wird ein entsprechendes Grundlagenfach eingeführt. Staatliche Strukturen wie Ministerien oder Bildungsräte ermöglichen auch Erwachsenen den Zugang zur entsprechenden (Aus-)Bildung.
Durch diese Reformen werden Werte wie Gemeinwohl, Solidarität und Wertschätzung vermittelt und so das Bruttonationalglück gesteigert.
Beschluss 3: Gemeinwohl-Gespräche
Angenommen mit 60% der Stimmen
Alle Menschen sind aufgerufen, mit ihrem Umfeld und fremden Menschen in den Austausch zu treten. Dort werden Geschichten darüber geteilt, was kaputt und ungesund ist am jetzigen System. Als Ziele werden Frieden, Regeneration und Resilienz benannt.
Als Diskussionsformate werden Nachbarschaftstreffen, Haustürgespräche und sogenannte “Mini-Parlamente” veranstaltet. In Trainings wird systemisches Denken geschult. Emotionale Runden ermöglichen Trauerarbeit.
Ergänzend werden Räume geschaffen für Multiplikator*innen aus (sozialen) Medien, Politik und Gewerkschaften.
Beschluss 4: Gesellschaftsrat zu einer sozial gerechten CO2-Abgabe
Angenommen mit 64,4% der Stimmen
Ein bundesweiter Gesellschaftsrat wird zur Frage einer sozial gerechten CO2-Abgabe eingeführt. Der Rat erarbeitet die genaue Umsetzung und gestaltet eine Kampagne zur Einführung.
Das Geld, das der Staat durch die CO2-Abgabe einnimmt, wird sozial gerecht zurückgegeben. Die ärmeren Menschen gewinnen dadurch finanziell. Ihnen wird mehr Geld gegeben, als sie durch die Steuer zahlen müssen. Menschen, die viele Emissionen verursachen, müssen viel bezahlen.
Die CO2-Emissionen werden auf 1 Tonne pro Person pro Jahr reduziert. Das muss bis spätestens 2045 erreicht werden. Aktuell (2025) liegt der Durchschnitt bei über 10 Tonnen pro Person pro Jahr. Am Jahresende wird die Jahresbilanz kontrolliert. Entsprechend wird die CO2-Abgabe erhöht.
Beschluss 5: Wirksame Gesellschaftsräte
Angenommen mit 91,1% der Stimmen
Geloste Gesellschaftsräte werden als dauerhafte Einrichtung eingesetzt. Sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene. Die jeweilige Verwaltung übernimmt das Losverfahren. Sie sind legislativ wirksam, besprechen also die Gesetzgebung. Wie die Freiwilligen Feuerwehren werden sie staatlich finanziert.
Zu ihrer Verankerung können bestehende Gesetze genutzt werden, zum Beispiel über einen Volksentscheid in Berlin.
Beschluss 6: Generalstreik gegen schädliche Arbeit (“Schadarbeit”)
Angenommen mit 66,7% der Stimmen
Sogenannte “Schadarbeit” muss beendet werden. Schadarbeit ist Arbeit, die unsere Umwelt belastet und der Allgemeinheit schadet. Stattdessen muss Fürsorge in den Vordergrund gestellt werden.
Hierfür wird ein Generalstreik organisiert, zuerst über ein Leuchtturm-Projekt. In einem Betrieb, der unserem Gemeinwohl schadet, streiken die Arbeitenden. Gewerkschaften unterstützen dabei. Eine Streikkasse und eine solidarische Küche werden eingerichtet, um die Menschen in der Zeit zu versorgen. Die Kasse wird gefüllt mit Geldbeiträgen von Arbeitenden aus allen Bereichen der Gesellschaft, also nicht nur von diesem Betrieb.
Systemabsturz-Bericht
Am 13. und 20. September haben sich die gelosten Parlamentarier*innen auf die Präsenztage in Berlin vorbereitet. In zwei Online-Sessions haben sie über politische Dysfunktionalität und politische Korruption gesprochen. In Gruppenarbeiten wurde intensiv über die Fallbeispiele gesprochen, die aus dem vorhergehenden Crowdsourcing stammen.
Alle Ergebnisse dieses Prozesses sowie die einzelnen Arbeitsschritte mit allen Materialien wurden im Systemabsturz-Bericht dokumentiert.
Ein großer Dank geht an alle Teilnehmenden, die mit ihrem Engagement zu den Ergebnissen beigetragen haben!
Ein Auszug:
“Die beiden Online-Sessions haben deutlich gemacht, dass die gegenwärtigen politischen Herausforderungen weder auf einfache Schlagworte noch auf einzelne Schuldige reduziert werden können. Sowohl im Bereich der Dysfunktionalität als auch bei der Korruption zeigte sich, dass die eigentlichen Probleme weniger in isolierten Fehlhandlungen liegen, sondern vielmehr in komplexen Strukturen, unklaren Verantwortlichkeiten und einem Mangel an Transparenz, Verständlichkeit und Vertrauen.”
Expert*innen-Input
Für die inhaltliche Arbeit der gelosten Parlamentarier*innen wurden ausgewählte Video-Inputs produziert.
Herzstück sind die beiden Präsentationen zur Studie “Klimaräte in Deutschland”, die im Rahmen der Vorbereitung vom Redaktionsteam des Parlaments der Menschen durchgeführt wurde.
Dazu kommen ein Interview mit Marco Bülow (ehemaliger Bundestagsabgeordneter) zum Thema Korruption sowie
ein Interview mit Janosch Pfeffer Institut für Nachhaltigkeitsgovernance der Leuphana Universität Lüneburg zum Thema Klimaräte und Politik.
Marco Bülow – Korruption
Klimaräte in Deutschland – Forderungen
Klimaräte in Deutschland – Umsetzungshindernisse
Interview mit Janosch Pfeffer
Unterstützung
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